Ich und Du in einer christlichen Anekdote aus Ägypten – Gibt es ein christliches Advaita-(Vedanta)?

In einer Beichte zum orthodoxen Osterfest 2024 erhielt ich zwei Antworten von einem orthodoxen Priester.

Erstens sagte er: “Solange du kritisiert wirst, bist du auf dem richtigen Weg.” –

Damit war zunächst gemeint: Wenn man Bücher und ein Blog schreibt, dann benötigt man professionelle Kritik, weil keiner perfekt ist und jeder irgendwelche unschönen Fehler macht.

Aber auf Nachfrage ergänzte er etwas weniger Naheliegendes, als er sinngemäß sagte, das Problem sei, wenn man “dieser Welt” – ergänze: dieser “gefallenen” Welt –  zu sehr gefällt. Ergänze: denn dann hat man möglicherweise zuviel ANPASSUNG und AGGIORNAMENTO gemacht – und womöglich geistigen und metaphysischen Tiefgang und Essenz verloren.

Und schliesslich meinte er so ähnlich wie, daß solange die Kritik da sei, meine Sachen offenbar nicht derartig langweilig seien, daß das Publikum sofort einschläft.

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Dann jedoch folgte etwas, dessen Zusamemnhang mit dem Vorigen ich zunächst gar nicht verstand.

Es folgte eine ANEKDOTE  von einem der ALTEN Mönche aus der ÄYGYPTISCHEN WÜSTE aus der Anfangszeit des Christentums, was für mich insofern von Belang ist, als mein zweiter Namenspatron der hl. Antonius, der Mönchsvater oder Antonius, der Ägypter, ist. (Die Quelle habe ich leider vergessen. Es ist aber möglicherweise NICHT die Spruchsammlung der “Apophtegma Patrum” (“Aussprüche der Väter”) …)

Die Anekdote aber ging so: >> Ein Mönch war gestorben und kam zur Himmelstür. Er klopfte an und Jesus Christus” – also NICHT wie heute Petrus! – “fragte: “Wer ist da?” – Worauf die Antwort kam: ” Hier ist der Mönch und Archimandrit soundso.” Worauf Christus antwortete: “Den kenne ich nicht.” – Jetzt versuchte es der Mönch ein zweites Mal, klopfte an und sagte: “Hier ist der Mönch sound so.” Und wiederum kam die Antwort von Christus: “Kenne ich nicht.” — Ein drittes Mal klopfte der tote Mönche jetzt und wieder fragte Jesus auf der anderen Seite der Himmelstür: “Wer ist da?” – Und diesmal sagte der Mönch: “DU!” – Und da öffnete sich die verschlossene Himmelstür …

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Kommentarversuch:

1. Der erste Teil hat eine “Ich-Perspektive” und zielt  auf das “Ich” des Blog-Schreibers, des Arbeitenden, womöglich des ugnerecht Schuftenden. Der zweite Teil der Antwort beginnt auch mit der “Ich-Perspektive” – “ICH, der Mönch soundos – und das “ICH-Problem” wird dadurch gelöst, daß eine METAPHYSISCHE WAHRHEIT AUFDECKT, daß ein ICH gar nicht existiert, WEIL alles in der DU-Perspektive des SCHÖPFERS enthaltn ist, weil GESCHAFFENES niemals etwa anderes ist als – in spezielelr Weise – TEIL DES SCHÖPFERS, jedoch nicht der Schöpfer selbst!

2. Descartes sagte den berühmten – falschen Syllogismus oder falschen logischen Schluss – “Cogito, ergo sum!” (Ich denke, ALSO bin ich.) Wir überspringen jetzt das Problem der Subjekt-Objekt-Spaltung und kommen zu einer POPULÄR-Philosophie, wo man oft hört: “Das ICH löst sich im DU auf.” – irgendwie, keiner weiss, wie genau, angeblich besonder im Falle der Geschlechterliebe! Der Standpunkt dieser Anekdote aber scheint mir ein ganz anderer zu sein: Eine AN SICH SEIENDE WAHRE EXISTENZ auf dem METAPHYSISCHEN LEVEL hat überhaupt nur das “DU”, aber nicht IRGENDEINES, sondern das DU, des SCHÖPFERGOTTES, OHNE DEN GAR NICHTS ist!

3. Aber warum erhielt ich eine zweiteilige Antwort?

Nun, wir Menschen – also du und ICH – murren und knurren und nörgeln, daß “immer ICH” arbeiten muß, daß ich “nie dafür etwas richtig kriege” und so weiter. Der zweite Teil der Antwort aber ergänzt: ARBEIT wird NICHT getan wie bei Sklaven, NICHT getan wie “Arbeit um der Arbeit willen” oder wie “l’art pour l’art” (ein programmatisches Schlagwort irgendeiner “Revolution”  mit “jungen Wilden” (und schlechter Philosophie)  aus dem frühen 20. Jahrhundert), sondern ARBEIT findet “in Wirklichkeit” statt  nur “im DU dessen, der ALLES GEMACHT hat”, so daß “Ich-Probleme” einschliesslich Nörgelei – IRRELEVANT werden, weil eine ARBEIT in der DU-SPHÄRE des Schöpfergottes ein MITWIRKEN AN DER SCHÖPFUNG des SCHÖPFERGOTTES wird – und womöglich sogar eine “Mitwirkung am Flicken der Welt”, was man in der alten hebräisch-aramäischen Umwelt der Bibel des Alten Testamentes nennt “tik(k)un olam“.

Mir fällt plötzlich auf: Erhält damit nicht die “Existenz dieser ganzen Nichtsnutze” – der Pilger, der Gaukler, der Mönche, der Künstler, der Philosophen und Psychologen – eine neue Dimension und NEUE WÜRDE – nachdem die WÜRDE von EXISTENZ und ARBEIT  aus dem ERSTEN EXISTENZGRUND  zuvor vergessen oder geraubt wurde?

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Ich sollte vorsichtigerweise ergänzen: Mit solchen mehr oder weniger klug gemeinten Überlegungen ist der KERN der chistlichen Beichte noch bei weitem verfehlt, was vielleicht angedeutet werden kann durch einen Spruch, den ich in ganz anderem Zusammenhang irgendwo einmal aufgeschnappt habe, wo es hieß: “Heilung beginnt mit einem Schuldbekenntnis.” Ergänze: DENN menschliche Existenz auf diesem Planeten ist TENDENZIELL eigentlich “niemals perfekt” oder “RICHTIG und RECHT” im Sinne der ALTEN Metaphysik, welche das Christentum aus dem alten Griechenland übernommen hat (weil sie so wunderbar passt), jener alten Metaphysik, welche von unserer Gegenwart so oft ausgelacht wird, so daß ich hier schon fertig bin.

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Mit der Überschrift habe ich verwiesen auf das INDISCH-HINDUISTISCHE “Advaita-(Vedanta)”, was man gewöhnlich übersetzt als “Lehre von der Nicht-Zweiheit”, welche sich durch die gesamte indische Philosophie- und Religionsgeschichte zieht. Weil ich kein Spezialist für Hinduismus bin, denke ich, daß es am besten ist, wenn ich einfach einige links zu weiterführenden Stichworten gebe:

Ein letzter Lernhinweis: Die europäische Fokussierung auf das INDIVIDUUM und dessen ICH, das dann auch Kismet und Fatum und SCHICKSAL glaubt, ABLEHNEN zu können, ist eine HISTORISCHE SINGULARITÄT, die WOANDERN fehlt, nicht vorkommt.  Ein berühmter rishi-ähnlicher hinduistischer “Heiliger”, Ramana Maharshi vom hl. Berg Arunachala in Südindien (Tamil Nadu) in der Nähe der berühmten grossen Tempels von Tiruvannamalai, verwendet zum Beispiel gerne als Ausgangspunkt die Frage: WER ist das ICH? WER denkt die Gedanken? WER atmet? Und so weiter. Angeblich soll eine Lieblingslektüre von Ramana Maharshi gewesen sein das “Yogavashista” – Yoga-Vasishtha wiki DE  – (des Weisen Rishi “Vasista”, der eventuell ein anderer Name von “Brighu” ist (?), welches in der Tat ein BASISTEXT des “Advaita Vedanta” ist.

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So, ich vermute, das reicht erst mal, denn schliesslich bin ich nicht das Orakel von Delphi oder die Bibliothek von Alexandria!

 

Buike Science And Music

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*11.06.1953, Bremen, Germany - long years in Neuss/Germany